Montag, 30. Juli 2012

La Tirana und Letzte Wochen

Ich komme gerade aus La Tirana, einem kleinen verstaubten Wüstendorf, ungefähr eine Stunde von Iquique. Dort wurde das Fest derHeiligen Jungfrau gefeiert, der "Mutter der Chilenen", die Virgen del Carmen, La Tirana.
Virgen del Carmen: Jeder möchte etwas segnen lassen, es werden sogar Kinder hochgereicht.
Wer meinen Blog schon vom Anfang verfolgt, weiß, dass ich schon vorher etwas zum Fest geschrieben habe. Das was ich aber im Oktober beschrieben habe, war nur die kleine Version von dem, was ich erleben sollte.
Der Tempel von La Tirana. Die Bänder führen hoch bis zur Figur der Hl. Jungfrau, die in diesem Moment nach oben gezogen wird, sodass jeder mit ihr in Verbindung stehen kann.
Ich hatte die einmalige Gelegenheit bei einer Jugendgruppe bei den Festlichkeiten mit zu machen, bei einem Fest, dass ich nicht in Worte fassen kann. Schon Wochen haben wir uns vorbereitet, Anstecknadeln vorbereitet, Kreuze angemalt und ein Vorbereitungsseminar gemacht, damit wirklich alles passt. Am Zehnten dieses Monats ging es dann hoch nach La Tirana.

Eine der fünf Stationen auf dem Pilgerweg, hier die Hl. Jungfrau Maria.
Ich habe schon vorher das Dorf als kleinen, verstaubten Wüstenort gekannt, mit einer großen Kirche mittendrin. Doch mein Bild wurde geändert. Menschen aus dem ganzen Norden von Chile und von außerhalb kamen. Am Ende sollen es mehr als zweihunderttausend Menschen gewesen sein, wo sonst achthundert wohnen. Die Straßen voll mit Menschen UND den berühmten Tanzgruppen, die rund um die Uhr um den Kirchenplatz und dem Dorf tanzen und Musik machen, um die Heilige Jungfrau anzubeten.
Die Prozession mit der Jungfrau. Die Tanzgruppen haben farbenfrohe Kostüme, das ganze Fest war quasi ein großes Farbenmeer.
Was macht denn dann eigentlich ein Gringo dazwischen? Die Jugendgruppe Mision Joven, in der ich mithalf, kümmert sich um den Pilgerweg und belegt die einzelnen Stationen, gibt einen spirituellen Leitfaden und bietet Wasser und Rast an. Der Weg beginnt an der PanAmericana, zehn Kilometer vor der Kirche und führt über fünf Stationen bis hin zum Tempel im Dorfinneren. Er führt durch die staubige Wüste und brütende Hitze. Der Wüstenstaub ist so zäh, dass er hier einen eigenen Namen hat, liebevoll Chusca genannt, ein Staub, der alles belegt, die Kleidung, die Schuhe sowieso, Haare und auch in die Augen geht. Mit der Hitze und dem Staub hat fast niemand großartige Probleme, doch einmal muss ein Krankenwagen gerufen werden.
Auf dem Pilgerweg. Mit den orangenen Jacken zeigten wir uns als Missioneros, die auf dem Weg unterstützten.
Der Großteil der Menschen, die sich auf den Weg nach La Tirana machten, sind auf dem Weg die Heilige Jungfrau anzubeten. Sie kommen in Dank oder mit eine Bitte, meistens für einen ihrer Mitmenschen, quasi niemand bitte für sich selbst etwas. In Südamerika hat die Anbetung der Jungfrau eine ganz andere Form. Während man in Europa zu Maria, Mutter Jesus betet, hat in Lateinamerika jede Region seine eigene Jungfrau, die stellvertretend dasteht. Berühmtestes Beispiel ist die Guadalupe, die vorallem in Mittelamerika präsent ist.
Eine der zahlreichen Tanzgruppen. (Das Foto ist nicht sehr gut, wer mehr Bilder finden will, sollte die Google-Suchmaschine nutzen mir Schlagwörtern wie "Fiesta de La Tirana".)
Die Geschichte von La Tirana ist die Folgende: Der Legende nach gab es ein grausame Spanier-Verfolgerin zur Zeit der Conquista der Spanier, eine Inka-Indianerin die nur La Tirana - die Tyrannin - genannt worden ist, die sich im Tamarugo-Wald versteckte. Fand dann aber zu Jesus, ließ sie sich taufen und wurde deshalb von ihren Stammesgenossen um circa fünfzehnhundertvierzig umgebracht was sie zur Märtyrerin machte. Katholische Priester richteten daraufhin ein Grabmal ein, heute steht hier die Kirche.
Zu den Stationen ging es am Besten per Anhalter, hier steigen wir gerade von einem offenen Transporter. Die anderen Pilger wollen zum Portal.
In den zehn Tagen in La Tirana habe ich auf dem Weg mitgeholfen und dabei eine Gemeinschaft kennen gelernt, wie ich sie vielleicht später nicht noch einmal antreffen werde. Jugendliche, die so sehr mit ihrem Glauben und ihrer Kultur verwachsen sind und sich dafür nicht schämen, nein, sich sogar präsentieren und zeigen wofür sie stehen. Ich habe in diesen zehn Tagen viele Freundschaften knüpfen können, ausgerechnet dann, wenn ich mich im Endspurt meines Einsatzes befinde.
Das ganze Wochenende über Stau.
Ich denke, es ist kein Geheimnis wenn ich sage, dass ich wahrscheinlich jetzt meine intensivsten Wochen in Chile verbringe. Ich versuche das beste daraus zu machen, möglichst oft mich mit den Menschen vor Ort treffe und meinen Dienst als Missionar auf Zeit mit guten Erinnerungen beenden kann.