Sonntag, 16. Oktober 2011

Arica und colecta anual

Was die Wochen bringen sind auf jeden Fall mehr Erfahrung. Mein Spanisch verbessert sich kontinuirlich und somit auch das Miteinanderleben hier in Chile.

Auch wenn sich aus der Sicht als Freiwilliger nicht viel verändert, ändert sich mein Programm in der Freizeit. Von einer tía wurde ich zum Tanzkurs eingeladen: Traditionelle Lateinamerikansche Tänze.

Arica ist die am nördlichsten gelegene Stadt in Chile und liegt knappe fünf Stunden mit Bus von Iquique entfernt. So nutzten wir es aus, das am Montag Tag der Rasse gefeiert wurde, und machten uns am Sonntag um fünf Uhr morgens aus dem Haus. Nach einer fünfstündigen Fahrt durch triste Wüste und grüne Flusstäler kamen wir in Arica an und frühstückten zu erst. Dann ging es hoch auf den hundert Meter hohen Felsblock el morro der uns einen beeindruckenden Überblick auf die Innenstadt, den Hafen und das Meer ermöglichte und uns nebenbei über die Zusammenhänge des Salpeterkriegs informierte. Am Nachmittag ging es über die Innenstadtpromenade zum Kaffetrinken, Zentrum und Kirche - so muss das sein als MaZ - besichtigen und weiter zu dem kilometerlangen Sandstrand der sich bis weiter nach Peru zieht. Hätte man mehr Zeit gehabt, hätte man auch die Grenze mit dem Zug überqueren können, eine Seltenheit, da es eigentlich kein wirkliches existierendes Zugnetz in Lateinamerika gibt. So neigte sich der Tag auch schon dem Ende entgegen. Am Abend durchquerten wir noch den Markt und deckten uns mit Bananen und Kaktusfeigen ein. Nachts am nächsten Tag endete der Ausflug wieder in Iquique. Die Busfahrt gab mir dann den Rest, und so war ich dann die Woche im Bett.

Wüste am frühen Morgen
El Morro
Arica - größer als Iquique, obwohl hunderttausend Einwohner weniger

Pazifik

Jesus streckt seine Hände über uns aus, fast wie in Rio de Janeiro - auf el morro

Salpeterkriegsuniformen

Die Ventiuno de Mayo (Die 21.-Mai-Straße), Einkaufspassage fast wie in Delbrück

Plaza Mayor mit der berühmten Kirche von Eifel - entworfen in Frankreich, gebaut in England, steht jetzt in Arica




Auch so eine Erkältung hat sein Gutes. Ohne die würde ich jetzt nicht wissen was Husten auf Spanisch heißt. Die Woche lang hat mich schon ein trockener Husten gequält, habe mir aber nichts weiter dabei gedacht. Der Ausflug nach Arica hat mir aber den Rest gegeben, sodass ich erstmal in dieser Woche für nichts zu gebrauchen war. Aber nichts Wildes, nichts was in Deutschland hätte auch nicht passieren können.

Und noch eine Sache. Am achtzehnten Oktober, findet die alljährliche Spendenaktion der Fundación statt, die colecta anual dosmilonce (Spendenaktion zweitausendelf). In den vergangenen Wochen habe ich zusammen mit dem Sozialpädagogen Jaime und dem Journalisten Gabriel an Plakaten, Werbeauftritten und vor allem der neuen Website der Fundación gearbeitet. Diesen Dienstag verteilen sich dann alle Mitarbeiter an belebten Plätzen in Iquique und Alto Hospicio und bitten um Spenden für die Fundación. Die Stiftung lebt nämlich fast nur von Spenden, der Beitrag der Eltern - die ja selber kaum eigene Mittel haben - ist kaum nennbar.

zu deutsch: Spendenaktion 2011. Fundación Niños en la Huella, die Fundación von Iquique, seit 1996, kümmernd um Kinder und Jugendlichen aus unserer Region. Für unsere Fundación ist deine Hilfe fundamental. Hilf jetzt und zeige deine Unterstützung. Datum: 18. Oktober 2011. Internet: www.ninosenlahuella.cl


Noch ein Nachtrag zu La Tirana - das Fest der heiligen Jungfrau:
Ich habe mich noch einmal ein bisschen zu La Tirana informiert und Folgendes herausgefunden. Der Legende nach gab es ein grausame Spanier-Verfolgerin zur Zeit der Konquista der Spanier, eine Inka-Indianerin die nur La Tirana - die Tyrannin - genannt worden ist, die sich im Tamarugo-Wald versteckte. Dann ließ sie sich doch taufen und wurde deshalb von ihren Stammesgenossen um circa fünfzehnhundertvierzig umgebracht was sie zur Märtyrerin machte. Katholische Priester richteten daraufhin ein Grabmal ein, heute steht hier die Kirche. Der Gedenktage sind zwischen dem zwölften und achtzehnten Juli.

Sonntag, 2. Oktober 2011

La Tirana - das Fest der heiligen Jungfrau

In den vergangen Wochen haben wir La Tirana besucht eine Stadt mitten in der Wüste. Nur das La Tirana nicht wegen ihrer Quellen bekannt ist wie Pica, sondern hier die heilige Virgen del Carmen gefeiert wird.

La Tirana. In Südamerika ist die Marien-Verehrung eine ganz andere wie man es vielleicht aus Europa gewöhnt ist. Die Jungfrau gibt es in verschieden Versionen und so gibt es auch das Fest zur Heiligen Virgen del Carmen.
Normalerweise wird das Fest am sechzehnten Juli gefeiert, doch auch im September gibt es Feierlichtkeit ihr zu ehren. Warum, das wurde mir nicht gesagt. Das Fest beginnt am Tag mit Festen und Tänzen. Richtig los geht es aber erst nachts ab zweiundzwanzig Uhr. Wir sind hier schließlich in der Atacama Wüste, der trockensten Wüsten unserer Erde. Am Abend fallen die Temperaturen auf unter zehn Grad Celsius und machen die stundenlangen Tänze und Messen erst möglich.
Die Tänze stelle man sich vor mit viel Musik im vierviertel Takt mit Blasmusikern und Schlagzeugern. Dementsprechend jugendlich hört sich die Musik an, obwohl sie hunderte Jahre alt ist. Mir hat es sehr gut gefallen. Die Kostüme sind sehr bunt: es gibt einfachere Modelle, aber auch sehr ausgefallene mit Glocken, Masken und Blinklichtern. Getanzt wird dabei mindestens anderthalb Stunden, sonst gilt es nicht. Die Tänze finden dann natürlich auch in der Nacht statt, dabei sind mindestens fünf Gruppen gleichzeitig auf dem großen Platz vor der Kirche. Bemerkenswert, dass die Gruppen nicht aus ihren Takten kommen, obwohl mehrere Gruppen auf einmal musizieren.

Kirche in La Tirana

Ehrung der heiligen Virgen de Carmen

Eine Version der Tanzgruppen

Nach ein Uhr ist noch viel los auf dem Platz

Am Sonntag in der Kirche

Mal ein Blick aus der Stadt: Im Hintergrund sieht man schon die ersten Ausläufer der Anden

Schlafstätte

In La Tirana verbrachten wir zwei Tage. Am Freitag fiel uns ein das wir von Nicole angesprochen worden sind, ob wir denn nicht mit kommen wollen. Ein kurzer Anruf, am nächsten Tag ging es um elf Uhr aus dem Haus und mit dem Reisebus in die Wüste. Der Ort liegt kaum mehr als eine Stunde entfernt, und so kamen wir aus dem kühlen Iquique in das heiße La Tirana. So bedrückend war das Klima in den ersten Minuten. Wir machten uns also ersteinmal auf den Weg in ein Haus der Familie von Nicoles Ehemann, das Haus ist noch im Bau. Ersteinmal essen, so gehört sich das. Dann kam die überraschende Nachricht, zwei Betten seien frei, und wir dürfen hier übernachten. Zum Glück war eine Zahnbürste in meinem Gepäck dabei und so blieben wir bis zum nächsten Morgen. Und hatten uns auch somit die Möglichkeit eröffnet, die nächtlichen Tänze zu beobachten. Toll. Am nächsten Tag waren alle Busse voll, die uns wieder nach Hause bringen könnten. Fast hätten wir da bleiben müssen, als zufälligerweise eine befreundete Familie in einem Kleinbus vorbei fuhr. Mit Hund, Katz und Hamster ging es schließlich nach Hause.

In den letzten Wochen haben wir Besuch aus Russland bekommen. Pater Stephan/ Estefano SvD, auch Steyler Missionar, kam in unser Haus. Er zieht nämlich nach Pica um und verbringt während seines Umzugs ein paar Tage bei uns. Er selbst war schon in Paraguay, Argentinien und Uruguay, Spanisch ist daher kein Problem für ihn, und ist gebürtiger Schlesier. Ein netter Mann, der immer einen Spruch auf Lager hat. So haben wir am Mittwoch beim Putzen seiner neuen Wohnstätte geholfen, alles neu, aber vom Wüstenstaub und den Renovierungsarbeiten sehr eingestaubt. Er wird noch die nächsten Tage hier bei uns bleiben. Das kann der ruhig machen. Während der Putzarbeiten schauten wir noch einmal bei dem alten Freund von vorletzter Woche vorbei und nahmen dann gleich wieder eine Kofferraumladung Früchte mit.

Ein Blick über die Wipfel

Früchtetragen, Wachhündin Lilu ist auch dabei

Meine Arbeitswochen haben sich nicht verändert. Die Arbeit macht mir Spaß, vor allem wenn  man sehen kann, das man dabei für sich als auch für die Umwelt große Fortschritte machen kann. Lisa hat in ihrem Blog dargestellt, wie es um die Kinder und deren Familien ist, damit man mal einen Überblick hat, um was für Kinder wir uns hier kümmern:
Die Kinder in dem Kindergarten sind zu 50% aus der Umgebung, aus normalen Verhältnissen. 25% sind „sozial schwach“ und der Rest sind schwererere Fälle, also Kinder deren Eltern drogenabhängig oder im Gefängnis sind oder sich einfach nicht um sie kümmern. Alle Kinder hier haben Eltern und wohnen entweder bei denen oder bei ihren Großeltern.
Dieses Wochenende war nicht viel Zeit für große Ausflüge, ein Tag beim Strand versüßte uns die Freizeit. Am Ende noch ein Foto aus La Tirana, bevor wir das Haus für die Festlichkeiten verließen.